Ängste überwinden

Mag. Kreiml Günther

Plötzlich scheint sich das Herz zu überschlagen, der Mund wird trocken, die Knie weich. Ein Herzinfarkt? Menschen, die aus dem Nichts heraus Panikattacken bekommen, denken häufig, mit ihrer Pumpe stimme etwas nicht. Manch einer lässt 20 bis 30 EKGs bei verschiedenen Ärzten machen, verbringt immer wieder Nächte in Notaufnahmen oder im Wartezimmer von Kardiologen - ohne wirklich einen Hinweis auf Herzprobleme zu bekommen. Der Gedanke, dass es sich um eine Panikstörung handeln könnte, kommt oft erst nach einer Odyssee durch das Versorgungssystem auf. Am häufigsten sind die sogenannten spezifischen Phobien, also eine übermäßige Angst vor Tieren, Aufzügen, Höhen, oder dem Zahnarzt. Jeder Zwanzigste erkrankt in seinem Leben einmal an einer dieser Störungen.

Angst gehört zum Leben dazu, sie hat eine Schutzfunktion. Aber wie jede andere Emotion auch, kann sie sich so entwickeln, dass sie krank macht.

(Peter Falkai, 2014)

Ursachen und begünstigende Risikofaktoren

Bei der Entstehung von Angststörungen wirken mehrere Faktoren zusammen:

Genetische Faktoren: Studien mit Zwillingen weisen darauf hin, dass es Erbanlagen gibt, welche die Entwicklung einer Angststörung wahrscheinlicher machen. Der genetische Einfluss ist jedoch nicht so groß wie etwa bei Schizophrenie.

Psychische Belastungen: Rund 80 Prozent der Erkrankten hatten kurz vor dem erstmaligen Auftreten der Angststörung belastende Lebensereignisse zu bewältigen, wie z.B. der Tod oder die schwere Erkrankung nahestehender Personen, Trennung oder Geburt.

Ungünstige Lernerfahrungen: Nach verhaltenspsychologischen Theorien haben viele der betroffenen Menschen beim Aufwachsen die Erfahrung gemacht, schwierige Situationen nicht alleine meistern zu können, beispielsweise durch einen überbehütenden Erziehungsstil der Eltern. Auch die Beobachtung ängstlicher Eltern kann eine Rolle spielen.

Unbewusste Konflikte: Nach psychodynamischen Theorien treten die Ängste erstmalig in einer Situation auf, welche die Patienten unbewusst an eine konflikthafte Situation aus der Kindheit erinnert. Typischerweise liegen bei Angststörungen sogenannte Abhängigkeits- Unabhängigkeitskonflikte vor.

Weitere Risikofaktoren: Krankheiten (z.B. Asthma) in der Kindheit, Rauchen.


Symptome bei Angststörungen

Die Betroffenen leiden erheblich unter den Symptomen, die sich ohne Behandlung so häufen können, dass die Erkrankten die meiste Zeit des Tages in Angst lebt oder mit der Zeit so viele Situationen meidet, dass sie nicht mehr aus dem Haus gehen.

  • Herzrasen oder Herzklopfen
  • Atemnot oder Erstickungsgefühl
  • Schwindel
  • Händezittern
  • Beklemmungsgefühle in Brust oder Bauch
  • Schweißausbrüche
  • Durchfall oder Harndrang
  • Übelkeit


Klinisch-psychologische Behandlung

Ängste weiten sich unbehandelt eher aus, als dass sie von alleine zurückgehen und Angststörungen verlaufen meist chronisch. Phobien und Panikstörung lassen sich sehr gut mit psychologischen Methoden behandeln. Bis zu 98 Prozent meiner Patienten sind nach einer Behandlung frei von Angstanfällen.

Durch spezielle Verfahren lernt der Patient, seine Gedanken und Gefühlsreaktionen zu kontrollieren, bis er sich mit den fürher angstauslösenden Situationen zu konfrontieren wagt. Wenn er sich der Situation dann stellt, wird er die Erfahrung machen, dass die Angst verschwunden ist. Übertriebene Befürchtungen, wie etwa Lampenfieber, Prüfungsänste oder die Erwartung, durch eine Panikattacke zu sterben, können so behandelt werden.

Bestehen der Angststörung zugrundeliegende Konflikte, so werden diese bei der Behandlung aufgedeckt und gelöst, was zu einer nachhaltigen Heilung führt. Der Patient versteht, wie seine Ängste durch frühe Beziehungen und Erfahrungen geprägt sind und der psychische Konflikt der Auslöser für seine Angst wurde.